Bericht über die Mitgliederversammlung der ADT am 30. September 2013
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter (ADT) bespricht EU-Tierzuchtrecht und Handelsfragen – Gut besuchter Parlamentarischer Abend mit Diskussion über Tiergesundheit – Hans-Benno Wichert neuer Vizepräsident
Auf ihrer Mitgliederversammlung am 30. September 2013 in Brüssel haben die Vertreter der ADT-Mitgliedsorganisationen über aktuelle Entwicklungen der Gemeinsamen Handelspolitik und deren Auswirkungen auf den Zuchtsektor diskutiert Ulrich Weigl von der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission informierte über die Entwicklung des Agrarhandels der EU während der letzten sechs Jahre, in denen die Union zum Nettoexporteur geworden ist. Dessen ungeachtet gibt es in vielen Drittländern Handelsbeschränkungen, die die Kommission unter anderem mit ihrer Marktzugangsstrategie abzubauen versucht. Weigl hob die Bedeutung eines regelmäßigen Austauschs zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und Wirtschaft hervor und in diesem Zusammenhang besonders die Aktivitäten der Arbeitsgruppe SPS Marktzugang der GD Handel, in der die ADT für die Europäische Plattform der Exporteure von Rindergenetik (ExPla) vertreten ist. Der Vortrag wurde vervollständigt durch eine interessante Übersicht über die zahlreichen Handels- und Partnerschaftsabkommen, die augenblicklich von der EU mit Drittländern verhandelt werden.
Im zweiten Vortrag erläuterte Dr. Alf-Eckbert Füssel von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher (SANCO) den Vorschlag für eine neue EU-Tierzuchtverordnung, der in Kürze veröffentlicht werden soll. Die Brüsseler Behörde wird die über viele Richtlinien des Rates und Entscheidungen der Kommission verteilten Bestimmungen mit dieser Neufassung des Tierzuchtrechts in einer einzigen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zusammenfassen. Ohne die geltenden Regelungen in der Substanz zu ändern, sollen mit dem neuen Format und den Klarstellungen im Text die unterschiedlichen Interpretationen der einschlägigen Artikel durch Mitgliedstaaten vereinheitlicht werden. Er betonte, dass der gesamte Text der bestehenden Gesetzgebung in dem neuen Entwurf enthalten sei. Ermächtigungen für die Kommission zum Erlass delegierter Rechtsakte gebe es - anders als zum Beispiel beim EU-Tiergesundheitsgesetz - nur dort, wo es um auch derzeitig gewährte Ermächtigungen geht. Nichtessentielle Bestandteile der Verordnung, die im Wesentlichen in den Anhängen zu diesem Gesetz aufgeführt sind, wie die Kriterien zur Zulassung von Zuchtorganisationen, sollen in delegierten Rechtsakten geregelt werden können. Von der Kommission zu erlassende detailliertere Vorschriften für Formate von Zuchtbescheinigungen würden in Form von Durchführungsrechtsakten erlassen. Künftig werde unterschieden zwischen der Anerkennung einer Züchtervereinigung und der Anerkennung ihres Zuchtprogramms. Die grenzüberschreitende Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat soll künftig nur noch dann verboten werden können, wenn dadurch der Erhalt der genetischen Ressourcen einer aussterbenden Rasse in Gefahr geraten könnte. Ein großer Teil des Textes wird sich auf die amtlichen Kontrollen in der Tierzucht beziehen, die sich im Wortlaut an der Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 orientieren und bislang überwiegend in den Veterinärkontrollrichtlinien enthalten waren.
Zuvor hatte Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Schons über die Ergebnisse des Geschäftsjahres 2012 und die aktuellen Schwerpunkte der Verbandsarbeit berichtet. Die bedeutendsten Themen im Berichtsjahr waren das Schmallenberg-Virus, das EU-Tiergesundheitsgesetz, die öffentliche Konsultation zum Klonen von Tieren, die elektronische Kennzeichnung von Rindern, die Alternativen zur Kastration von Ferkeln, die Gruppenhaltung von Sauen, die Europäische Innovationspartnerschaft Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit
sowie die Mitarbeit im Beirat der beiden von der EU geförderten Projekte zur Verbesserung der Kontrollstellen beim Tiertransport. Im laufenden Jahr steht insbesondere die EU-Tiergesundheitsgesetzgebung im Mittelpunkt. Außerdem berichtete Schons über die Aktivitäten der ADT im Bereich des Exportes und der Koordinierung der Forschungsförderung für den Tierhaltungssektor.
Turnusgemäß wurde auf der diesjährigen Mitgliederversammlung das Präsidium neu gewählt. Der schleswig-holsteinische Europaabgeordnete Reimer BÖGE wurde einstimmig für eine weitere Amtszeit von drei Jahren als Präsident wiedergewählt. Neuer Vizepräsident der ADT ist Hans-Benno WICHERT, der im Präsidium den Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion (ZDS) vertritt. Präsident Böge hob die Verdienste von Helmut Ehlen hervor, der die neue Ausrichtung der ADT maßgeblich vorbereitet und mitgestaltet hatte und dankte ihm auch persönlich für die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit. Ehlen war seit 2001 Vizepräsident der ADT und hatte im Mai dieses Jahres den Vorsitz des ZDS abgegeben. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung ist weiterhin durch den Vorsitzenden des Bereiches Zucht, Theodor LEUCHTEN, vertreten. Die beiden anderen Vorstandsmitglieder Anton FORTWENGEL (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter, ADR) und Leo Graf DRECHSEL (Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft, ZDG) wurden ebenso in ihrem Amt bestätigt.
Der traditionelle Parlamentarische Abend fand diesmal in der Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU statt. Nach der Begrüßung der zahlreichen Gäste durch Jens Menecke von der Landesvertretung und ADT-Präsident Reimer Böge diskutierten die Anwesenden mit den deutschen Europaabgeordneten Elisabeth Jeggle (CDU), Martin Häusling (Bündnis 90/Die Grünen), Britta Reimers (FDP) und Ulrike Rodust (SPD) über die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Tiergesundheit und eine Verordnung über amtliche Kontrollen, die Teil des so genannten Änderungspakets sind, das im Mai 2013 unter dem Titel Intelligentere Vorschriften für sicherere Lebensmittel
vorgestellt wurde.
Frau Jeggle betonte eingangs, dass die EU-Tiergesundheitsverordnung in dem größeren Rahmen des One health
-Prinzips der WHO bzw. der EU-Tiergesundheitsstrategie 2007-2013 (Tier + Menschen = Eine Gesundheit) eingeordnet werden muss. Der Schattenberichterstatterin der EVP-Fraktion für Tiergesundheit ist es wichtig, das Vertrauen der Bürger in den offenen Binnenmarkt zu erhalten. Das Parlament werde vor allem mit Blick auf die vielen Ermächtigungen der Kommission zum Erlass Durchführungs- und delegierten Rechtsakten genau prüfen, was schon jetzt in der Verordnung und was später in den delegierten Rechtsakten geregelt werden sollte. Das Hohe Haus habe sich zum Ziel gesetzt, die Beratungen im nächsten Frühjahr abzuschließen, was aber nur gelingen könne, wenn keine weiteren Themenfelder in die Diskussion eingebracht werden, wie z. B. die Debatte um Tiertransporte oder die Arzneimittelgesetzgebung, für die es eigene Rechtsgrundlagen gebe.
Frau Rodust lobte den Ansatz der Kommission, die weit gefächerte EU-Tiergesundheitsgesetzgebung in einem einzigen Rechtsakt zu straffen. Für sie ist vor allem der stärkere Fokus auf vorbeugende Maßnahmen wichtig. Neben wirtschaftlichen sollten auch soziale und kulturelle Aspekte Berücksichtigung finden. Sie unterstrich auch die Bedeutung einer verlässlichen, objektiven, transparenten und unabhängigen Risikobewertung und stellte klar, dass angesichts der begrenzten Ausstattung des EU-Haushalts nicht alles von Brüssel
bezahlt werden könne.
Frau Reimers, die als Berichterstatterin des mitberatenden Agrarausschusses für den Vorschlag für eine neue Verordnung zu amtlichen Kontrollen zuständig ist, äußerte ihre Zweifel, ob die angestrebte Verwaltungsvereinfachung tatsächlich erreicht werden kann. Sie sprach sich ebenfalls dafür aus, an dieser Stelle keine Tierschutzdebatten loszutreten, denn der avisierte Zeitplan sei sehr ambitioniert. Hinsichtlich der Kompetenzübertragungen an die Kommission solle das Parlament Kriterien definieren und so den Rahmen festlegen, in dem die Kommission gestalten müsse. Auch Frau Reimers wies darauf hin, dass Fragen der Finanzierung der Tierseuchenbekämpfung, sowie die Beteiligung der Wirtschaft daran, nicht geklärt sind. Mitgliedstaaten und Bauern sollten sich darauf einstellen, am Ende zahlen zu müssen - nicht zuletzt weil eine Absicherung der kostspieligen Risiken zum Teil gar nicht möglich ist.
Herr Häusling sprach einen anderen wichtigen Gesichtspunkt an, und zwar die Außenwirkung des Tiergesundheitsgesetzes, mit dem die EU unter anderem ihren Tiergesundheitsstatus in Handelsabkommen mit Drittländern dokumentieren muss, wie z. B. die kürzlich begonnenen Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP). Für ihn gehört das Thema Antibiotika ebenso in die anstehenden Beratungen des Parlaments über das EU-Tiergesundheitsgesetz wie die Ausrichtung der Zucht. Er begrüßte die Bewegung, die in den Diskurs um das Impfen gekommen ist, betonte aber zugleich, dass Impfen nicht immer die einzige Lösung sein muss.