Europäisches Symposium zur Biosicherheit auf tierhaltenden Betrieben
Am 5. März 2024 fand im Brüsseler Pacheco Center ein europäisches Symposium zum Thema Biosicherheit in viehhaltenden Betrieben – Überblick und Strategien für die Zukunft
statt. Die Konferenz stand unter der Schirmherrschaft der belgischen EU-Ratspräsidentschaft und war von der Europäischen Vereinigung für Tiergesundheit und gesundheitliche Sicherheit (FESASS) in Zusammenarbeit mit der belgischen Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette (FASNK) organisiert worden. Ziel der Veranstaltung war es, einen Überblick über die Bedrohungen und die bestehenden Normen zu geben, dann eine Bilanz der Errungenschaften im Bereich der Biosicherheit (insbesondere im Rindersektor) zu ziehen, ihre Relevanz und die Bedingungen für ihre Umsetzung zu bewerten und einen Blick in die Zukunft zu werfen, wobei insbesondere die Beiträge der Forschung sowie die von den Tiergesundheitsorganisationen der Landwirte durchgeführten Projekte in den Blick genommen wurden.
Das Symposium stand allen Akteuren des Sektors Viehzucht und Tiergesundheit offen und wurde von rund 150 Teilnehmern besucht. Darunter befanden sich zahlreiche Leiter der staatlichen Veterinärdienste (CVOs), Veterinärattachés der EU-Mitgliedstaaten und andere Experten der nationalen Veterinärverwaltung, der FASNK, von den in der FESASS zusammengeschlossenen Tiergesundheitsorganisationen, der Viehzüchter und anderer Berufsorganisationen des Sektors sowie Akademiker und Studenten.
Zusammenfassung der Präsentationen und Diskussionen
Vormittagssitzung:
Dr. Barbara LOGAR, stellvertretende Leiterin des Referats Tiergesundheit der GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (SANTE), gab einen Überblick über die in der EU bestehenden Bedrohungen (durch ASP, BTV, EHD, SGP und andere Seuchen) und erläuterte den Stellenwert der Biosicherheit im Rahmen des EU-Tiergesundheitsrechts (AHL). Alle Akteure müssen ausreichend sensibilisiert sein und gut zusammenarbeiten, damit die Biosicherheit auf den Betrieben die anderen Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tierseuchen unterstützen kann. Sie hob hervor, dass das Tiergesundheitsgesetz kein eigenes Kapitel zur Biosicherheit enthält, da Biosicherheit überall und von jedem Einzelnen abhängt. Das Tiergesundheitsgesetz ist ein Rahmenwerk mit verschiedenen Elementen, die sich gegenseitig ergänzen. Es fördert diesen präventiven Ansatz; aber mit dem Willen des europäischen Gesetzgebers, die Biosicherheit nicht übermäßig zu regulieren. In der Tat ist es notwendig, für Flexibilität zu sorgen und es den Mitgliedstaaten zu überlassen, genauere Anforderungen festzulegen. In der Aussprache zum Vortrag regten die Vertreter der Mitgliedstaaten an, EU-Leitlinien für die Biosicherheit zu erarbeiten.
Dr. Barbara HOFFMANN, stellvertretende Chefveterinärin von Deutschland, stellte die Umsetzung der im Tiergesundheitsgesetz vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen in ihrem Land vor. Am Beispiel der BHV1 erläuterte sie das System für Rinder vor und nach dem Inkrafttreten des AHL. Die Maßnahmen müssen an die jeweilige Region und den Kontext angepasst werden. Anschließend listete sie die Schwachstellen auf, die bei der Bekämpfung der ASP festgestellt wurden (u. a. eine mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Betriebsinhabern und den Behörden, Schwachstellen bei der Infrastruktur). Sie wies auch auf die verbesserungswürdigen Bereiche hin und forderte die Europäische Kommission auf, Leitlinien auszuarbeiten, um sicherzustellen, dass bei den Plänen nichts übersehen wird.
Dr. Etienne BONBON von der GD Sante referierte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Kodex-Kommission (die den Gesundheitskodex für Landtiere der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) bearbeitet) über die Rolle und den Einsatz der Biosicherheit im WOAH-Kodex für Landtiere. Er erinnerte daran, dass es sich um einen allgemeinen Ansatz auf globaler Ebene handelt, und erläuterte die historischen Etappen, in denen dieses Instrument zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Auf Wunsch der WOAH-Mitgliedsländer wird das Kapitel zur Biosicherheit derzeit überarbeitet. Es soll Leitlinien einschließlich einer Beschreibung der Rollen und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten (von den Veterinärbehörden bis zu den Tierhaltern und Händlern) enthalten. Eine neue Fassung soll im Herbst 2024 zur Kommentierung verschickt werden. Bonbon erläuterte ferner mehrere Schlüsselprinzipien: Biosicherheitsmaßnahmen müssen immer einem Ziel (dem tatsächlich erwarteten Biosicherheitsniveau) und einer Risikoanalyse entsprechen, und sie müssen für die Zielpopulationen akzeptabel und machbar sein. Es gibt keine Einheitslösungen, die für alle Situationen gelten.
In der anschließenden Teilsitzung, die unter Leitung von ADT-Geschäftsführer Dr. Hans-Peter SCHONS stand, stellten drei Landwirte aus Frankreich, Belgien und Portugal ihre Erfahrungsberichte vor: Jonathan LENOURICHEL, Vorsitzender des Tiergesundheitsdienstes GDS Calvados (Biosicherheit in einer Milchviehherde vor Tuberkulose), Yves-Marie DESBRUYERES, Züchter der Rinderrasse Blanc Bleu Belge aus Wallonien (Biosicherheit in einem extensiven Rinderbetrieb) und João MADEIRA, Präsident der ADS Mértola im Alentejo (Biosicherheit in einer gemischten Rinder-/Schafherde an mehreren Standorten in einer Trockenregion). Sie betonten, dass Biosicherheit auf einfachen, vernünftigen Praktiken beruhen kann, wobei es aber schwierig wird, wenn Wildtiere involviert sind. Biosicherheit kann von den Landwirten als Einschränkung oder als unrentable Investition angesehen werden. Daher bedarf es einer stärkeren Sensibilisierung, Kommunikation und Ausbildung (insbesondere über die Tiergesundheitsorganisationen, die geeignete praktische Ratschläge erteilen) sowie einer öffentlichen und fachlichen Finanzierung (in der Normandie ist z. B. der Branchenverband der Milchwirtschaft finanziell beteiligt, da auch der nachgelagerte Sektor betroffen ist).
Frau Dr. Evelyne de Graeff (vom GD aus den Niederlanden) moderierte das erster Rundtischgespräch Biosicherheit im landwirtschaftlichen Betrieb, Interessen und Herausforderungen
mit den drei ersten Rednern sowie Dr. Jane CLARK, Vizepräsidentin des europäischen Tierärzteverbandes FVE und Joao Madeira. Die Podiumsteilnehmer bestätigten, dass die Arbeit in Partnerschaft zwischen den verschiedenen Interessengruppen (Berufsverbände, Tierärzte, zuständige Behörden) durchgeführt werden muss. Sie bekräftigten die Notwendigkeit einer ausreichenden und langfristigen finanziellen Unterstützung. Auch die internationale Dimension muss berücksichtigt werden.
Am Nachmittag folgte eine von Jean-Charles CAVITTE (GD AGRI) moderierte Podiumsdiskussion über die wissenschaftliche Forschung zur Biosicherheit in der Tierhaltung. Zunächst wurden mehrere Projekte vorgestellt, die das gemeinsame Ziel haben, die Biosicherheit zu verbessern, Instrumente zur Anpassung der Maßnahmen an den jeweiligen Kontext zu entwickeln, die Ausbildung zu verbessern und die Umsetzung der Empfehlungen zu gewährleisten.
Professor Jeroen DEWULF, Veterinärmedizinische Fakultät Gent, stellte das von der EU finanzierte BIOSECURE-Projekt vor (https://biosecure.eu). Ziel dieses Projekts ist die Unterstützung von Entscheidungsträgern bei der Einrichtung von evidenzbasierten, kosteneffizienten und nachhaltigen Biosicherheitsmanagementsystemen. Das Projekt bezieht den Verhaltensaspekt in die Definition der Biosicherheit ein, da diese vom Verhalten der Beteiligten abhängt.
Professor Claude SAEGERMAN von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Uni Lüttich präsentierte neue Biosicherheitsinstrumente (BSM Tools
), die auf dem Konzept der 5 B
s der Biosicherheit beruhen (Bio-exclusion, Bio-confinement, Bio-Compartmentalization, Bio-prevention, Bio-preservation) und verwendete ein SAF-Modell (suitability, Acceptability, Feasibility
), um geeignete Strategien zu finden, die geeignet, annehmbar und durchführbar sind. Zur Veranschaulichung der Funktionsweise dieses Instruments zeigt er den Online-Betrieb einer für Viehzüchter entwickelten Smartphone-Anwendung, das ein Biosicherheitsaudit in Echtzeit ermöglicht, welches den Kontext jedes Betriebs (gehaltene Tierarten, Krankheiten usw.) in die Auswahl der Maßnahmen integriert.
Prof. Alberto ALLAPUZ PALAU von der Abteilung für Tiergesundheit der Autonomen Universität Barcelona und Vorsitzender der COST-Aktion BETTER (Biosecurity enhanced through training evaluation and raising awareness) berichtete über das Projekt, in dem es um die Vernetzung und den Austausch zwischen einer großen Zahl von Akteuren/Experten aus der ganzen Welt sowie um die Sammlung von Daten geht, um die besten Triebkräfte für die Verhaltensänderungen zu ermitteln, die für die Entwicklung der Biosicherheit in der Viehwirtschaft erforderlich sind. (better-biosecurity.eu).
Die Präsentationen können auf der Website der FESASS heruntergeladen werden: www.fesass.eu/fr/actualite/35730/symposium-biosecurity-in-livestock-farms-symposium-biosecurite-elevage