Tiergesundheitsüberwachung – eine gemeinsame Priorität
Die slowakische EU-Ratspräsidentschaft und die Europäische Vereinigung der Tiergesundheitsdienste (FESASS) haben die große Bedeutung einer effektiven Tiergesundheitsüberwachung hervorgehoben. Die FESASS hatte den 15. Jahrestag ihrer Gründung zum Anlass genommen, die Leiter der staatlichen Veterinärdienste (CVO’s) am 6. Dezember 2016 zu einem Workshop nach Ciney (Belgien) einzuladen. Die Fachveranstaltung mit dem Titel Tiergesundheitsüberwachung – eine gemeinsame Priorität
wurde abgerundet durch den Besuch des Autopsie-Saals und der angeschlossenen Labors am Sitz des wallonischen Tiergesundheitsdienstes ARSIA.
Der derzeitige Vorsitzende der Ratsarbeitsgruppe der CVO’s, Prof. Jozef Bíreš, konnte mehr als 30 hochrangige Mitarbeiter der staatlichen Veterinärdienste und der Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten bei der EU begrüßen. Zunächst stellte der belgische Chefveterinär Jean-Francois Heymans das belgische Protokoll Fehlgeburt
vor. Es handelt sich um ein Programm zur systematischen Untersuchung abortierter Feten auf mehr als 10 Erreger, u. a. Brucellose (das Protokoll ist Teil des Brucellose-Monitoringprogramms), BVDV, BTV oder Schmallenberg-Virus oder auch Leptospirose und Q-Fieber. Das Kosten werden zum Teil von der belgischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (AFSCA) bezahlt, den Rest trägt die ARSIA. Je nach klinischem Befund oder erwarteter Seuchenlage wird die Liste der untersuchten Erreger flexibel angepasst. Nach Aussage des belgischen Chefveterinärs hat das Protokoll zu einer besseren Übersicht über die in belgischen Viehbeständen zirkulierenden Pathogene beigetragen, die frühzeitige Erkennung neu auftretender Seuchen ermöglicht und die Bestätigung der Seuchenfreiheit (z. B. Brucellose) erleichtert.
Im zweiten Vortrag hat Frau Dr. Anne Bronner vom Landwirtschaftsministerium in Paris die französische Plattform zur Tiergesundheitsüberwachung (Plateforme ESA, www.plateforme-esa.fr) vorgestellt. Die 2011 gegründete Einrichtung wird inzwischen von 9 Organisationen getragen, darunter dem Agrarministerium und dem französischen Tiergesundheitsdienst GDS France. Die Partnerorganisationen tauschen Informationen über Verfahren und Methoden verschiedener Überwachungsprogramme aus und arbeiten an deren Verbesserung und Standardisierung. Außerdem arbeiten sie bei der Analyse der Daten und der Interpretation der Ergebnisse zusammen. Auf der Website finden sich Informationen zu 16 Programmen für die Überwachung einzelner oder mehrerer Tierseuchen bei Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen, Geflügel, Bienen, Weichtieren und Wildtieren. Anhand von Beispielen wurde erläutert, wie das Team zur internationalen Tiergesundheitsbeobachtung (VSI) öffentliche Mitteilungen, vertrauliche Berichte oder Übersichtsartikel verfasst, die anschließend dem Landwirtschaftsministerium als Risikomanager und der Behörde für Lebensmittelsicherheit (anses) als Risikobewerter zugeleitet werden. Die ESA-Plattform unterstützt die französischen Behörden auch bei der Erarbeitung eines nationalen Überwachungsprogramms für die Lumpy-Skin-Krankheit. Hier werden wissenschaftliche Fachartikel, aber auch Broschüren für Landwirte erstellt. Im kommenden Jahr wird das Pilotprojekt OMAR gestartet; das Akronym steht für Beobachtungsstelle für die Mortalität bei Wiederkäuern. Damit sollen die im Zeitablauf zu beobachtenden Unterschiede der Mortalität in Rinderherden aus verschiedenen geografischen Gebieten analysiert werden.
Gerdien van Schaik, die Leiterin der Abteilung Epidemiologie des niederländischen Tiergesundheitsdienstes (GD), berichtete über die Ergebnisse des von der EU durch das 7. Forschungsrahmenprogramm unterstützten Projekts RISKSUR (www.fp7-risksur.eu). In den Niederlanden ist der GD mit der Durchführung der nationalen Tiergesundheitsüberwachung betraut. Das EU-Projekt hatte die Optimierung der Tiergesundheitsüberwachung zum Ziel. Zu diesem Zweck wurden Entscheidungshilfen für das Design und für die Bewertung von effizienten, risikobasierten Überwachungssystemen entwickelt. Die Ergebnisse finden sich u. a. in einem 110-seitigen Best practice
-Dokument, das auf der Website heruntergeladen werden kann. Außerdem wurden ein Webtool und zwei Wikis erstellt, die man nach einer Registrierung nutzen kann. Die entwickelte Methodik wurde in 8 Fallstudien eingesetzt (Vogelgrippe, Afrikanische Schweinepest, Klassische Schweinepest, Blauzungenkrankheit, BHV-1, Salmonellen beim Milchvieh, BVD sowie PRRS). Der GD und das deutsche FLI arbeiteten z. B. an der Fallstudie zu BHV-1 und kamen u. a. zu dem Ergebnis, dass ein alternatives Design (9 monatliche Tankmilchproben pro Jahr) im Hinblick auf die Überwachung der Seuchenfreiheit kostengünstiger ist als das konventionelle System (jährliche Serologie aller laktierenden Tiere). Folglich lautete eine der Schlussfolgerungen, dass die EU-Gesetzgebung in diesem Punkt verbessert werden könnte. Die Weiterentwicklung risikobasierter Überwachungssysteme wird seit März 2016 in dem auf 12 Monate angelegten Projekt SANTERO (santero.fp7-risksur.eu) fortgeführt, das seinerseits aus dem ANIHWA Era-Net finanziert wird.
Zum Abschluss der Veranstaltung hatte die FESASS aus Anlass ihres 15. Geburtstags zu einer Verkostung belgischer Spezialitäten eingeladen. Präsident Didier Delmotte erinnerte in seinem Festvortrag an die Anfänge der Zusammenarbeit der Tiergesundheitsdienste in den 90er Jahren. Die Idee zur Gründung eines europäischen Verbandes wurde schon 1998 auf der Agribex in Brüssel geboren, aber es sollte noch drei Jahre dauern, bis die FESASS am 6. Dezember 2001 im Beisein von EU-Gesundheitskommissar David Byrne in den Räumlichkeiten der damaligen belgischen Tiergesundheitsbehörde ACSA (die heute Teil der Behörde für Lebensmittelsicherheit AFSCA ist) das Licht der Welt erblickte. Die ADT war damals als Beobachter dabei; sie ist im September 2002 Mitglied geworden. Die Vorarbeiten zur Vereinsgründung sind aber von Beginn an maßgeblich von Dr. Klaus Meyn, dem damaligen ADT-Geschäftsführer, mitgestaltet worden. Herr Delmotte betonte die hohe Repräsentativität der FESASS und deren großes Netzwerk mit rund 2000 Tierärzten, die für insgesamt 1 Mio Tierhalter arbeiten und über die angeschlossenen Labors auch in zahlreiche Forschungsprojekte eingebunden sind. Er ging besonders auf den Strategieplan der FESASS (FESASS Strategieplan 2015 DE) ein, in dem die gemeinsamen Grundsätze und Werte ihrer Mitglieder und die Ziele niedergelegt sind. Die FESASS möchte die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Wertschöpfung und Konkurrenzfähigkeit der Nutztierhaltung verbessern und die Erträge in den Tierhaltungsbetrieben sowie die Nachhaltigkeit der Produktionssysteme verbessern. Dabei stehen Gesundheit und Wohlbefinden der Nutztiere im Mittelpunkt.
Beim Festempfang in lockerer Atmosphäre konnten sich die FESASS-Mitglieder zwanglos mit ihren Gästen austauschen, zu denen neben den Beamten der Veterinärbehörden auch der Präsident und der Direktor des europäischen Tierärzteverbandes FVE, Rafael Laguens und Jan Vaarten, zählten. Und weil alle sich so fleißig in die Diskussionen eingebracht haben, wurden sie vom Nikolaus überrascht, der für jeden Teilnehmer eine Auswahl belgischer Schokoladenspezialitäten als Geschenk mitgebracht hatte.